Pfarrei Reut
Reut St. Stephan so finden sie uns
Romantisch kuschelt sich ein kleines Dorf an die Wiesenhänge des Talgrundes, ringsum ausgedehnte, stille Wälder und wie ein Zeigefinger Gottes aufragend der Turmspitz einer ziegelroten Kirche, die auf dem hohen Bergfried der Mauer um den Gottesacker wie eine Burg thront. Diese Rodung um 1100 gab dem Ort den Namen REUT, es war das Unternehmen eines adeligen Grundherrn, der mit seinen untertänigen Bauern die Urbarmachung durchführte; vielleicht waren es die „Edlen von Reut“ (1120 bis 1220), von denen der Traditionskodex von Ranshofen spricht.
Der Patron Stephanus weist auf Passau, vielleicht war der Gutsherr ein Passauer Ministeriale; Laurentius auf die Zugehörigkeit zur Stammpfarrei Stammham, als erster Vikar ist 1485 Ulrich Rauscher bezeugt, aber das Präsentationsrecht Stammhams währte noch bis ins 19. Jahrhundert. Am 22.7.2812 wurde Reut zur Pfarrei erhoben.
An der Stelle eines romanischen Kirchleins wurde Ende des 15. Jahrhunderts vom „Taubenbacher Meister“ die jetzige Kirche im bekannten spätgotischen Stil einschiffig erbaut und 1895 nach Westen verlängert. Wir entdecken an der Außenmauer alte Grabplatten der früheren Seelsorger und das schmiedeeiserne Kreuz am Priestergrab.
Im Innern tut sich uns ein frischer, heller Raum auf, wenn sich die eisenbeschlagene Tür öffnet. Chor und Langhaus haben verschieden figurierte Netzgewölbe mit reicher Rankenbemalung und kleinen, runden Schlusssteinen. Von der ursprünglichen Freskenbemalung kam nur noch ein schwaches Fragment an der Nordwand des Chores zum Vorschein, vielleicht das Letzte Abendmahl.
Prachtvoll ist der Hochaltar aus der Übergangszeit vom Rokoko zum Klassizismus um 1780 – 1790, ein Viersäulenaufbau mit zweisäuligem Aufsatz, Muschelwerkrokoko und großen, goldenen klassizistischen Vasen, zwischen den Säulen stehen im Licht vor den Fenstern die Apostelfürsten Petrus mit den Schlüsseln und Paulus mit dem Schwert. Das große Altarblatt mit der „Steinigung des Stephanus“, 1844 von L. Wolfanger gemalt, hängt heute in der Turmhalle, dafür nimmt das Mittelfeld des Altares eine Plastik des Hl. Stephanus auf, im goldenen Strahlenkranz von Putten umschwebt. Eine große Kostbarkeit sind die silbernen Leuchter und Vasen auf dem Altartisch. Aus der Altarbekrönung blickt Gottvater, darunter das Auge Gottes.
Ein Prunkstück ist auch die Kanzel aus derselben Zeit, mit dem puttenbegleiteten Apokalyptischen Lamm auf dem Schalldeckel. Rechts an der Chorbogenwand entdecken wir eine hübsche Madonna mit Kind, links eine barocke Apollonia und an der Nordwand ein großes Kruzifix. Besonders kostbar ist die frührokoko Monstranz, 1732 von Johann Plinthammer aus Braunau für 106 fl. kunstvoll gearbeitet, ebenso der Messkelch 1731.
Noppling St. Johannes der Täufer so finden sie uns
Eine Frühe Siedlung und ein späteres Rodungsgebiet treffen wir in der Pfarrei Reut, im südwestlich gelegenen Filialbereich NOPPLING. Er ist der ältere Teil von Reut. Es ist ein echter –ing-Ort mit dem Patrozinium des Hl. Johannes Babtist. Der gotische Taufstein um 1500 bezeugt noch das uralte Taufrecht. Laut einer alten Erzählung, sollte er im 20. Jahrhundert in die Pfarrkirche nach Reut übertragen werden, jedoch konnte das damalige Pferdegespann diesen Taufstein nicht den steilen Berg nach Reut überwinden – und so blieb er in Noppling, der älteren Kirche von Reut. Seit 1138 ist das Geschlecht der Nopplinger bezeugt und diese haben die erste Kirche als ihre Eigenkirche errichtet. Der Unterbau des Turmes zeigt noch die Formen des romanisch-gotischen Übergangsstiles um 1300; eine verschollene Glocke trug die Jahreszahl 1301.
Zur damaligen Zeit gehörte Noppling zur Urpfarrei Stammham in der Erzdiözese Salzburg und damit zum Isengau. Die spätgotische Baufreudigkeit des ausgehenden 15. Jahrhunderts erreichte auch Noppling, so wurde das jetzige einschiffige Gotteshaus errichtet und auf den Turmsockel mit dem spätromanischen Kreuzungsbogenfries zwischen den Ecklisenen und rundbogigen Schallöffnungen ein spätgotischer achseitiger Oberbau mit zweimal abgesetzten Eckstreben und ein steilragender Spitzhelm mit vier Giebeln gesetzt. Besonders gestaltet ist auch die Westfassade mit Scheinarkaden.
Im Innern der 2015 restaurierten Kirche, in die durch die hübschen Spitzbogenfenster in breiten Bahnen Sonnenlicht einfällt, blicken wir auf eine sehr reich rankende Freskenbemalung zwischen dem Deckengeflecht des Netzrippenwerkes, im Chor entdecken wir das helmbekrönte Salzburger Wappen. Von der einst wohl reichhaltigen Freskenbemalung ist nur eine riesige Hand des Hl. Christopherus übriggeblieben. 2013 kamen die drei Altäre von der Kreuzkirche aus Deggendorf zu uns. Im Mittelpunkt des Mittleren Rosenkranzaltares steht der Auferstandene Christus … der von den Toten auferstanden ist, flankiert durch die 4 weiteren Rosenkranzgeheimnisse: … der in den Himmel aufgefahren ist, … der uns den Hl. Geist gesandt hat, … der Dich, o Jungfrau, in den Himmel aufgenommen hat, … der Dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat. Links und rechts die beiden Rosenkranzaltäre mit den Themen des schmerzhaften und des freudenreichen Rosenkranzes. Sowohl das Triumphbogenkruzifix als auch die beiden Johannes der Täufer und Johannes Evangelist sind um das Jahr 1500 entstanden. An der Nordseite des Chores, neben der Turmtür mit imitiertem Eisenbeschlag, finden wir eines der wertvollsten Kunstwerke, ein farbig gefasstes Ölbergrelief aus dem späten 15. Jahrhundert mit behäbig schlafenden Aposteln und den durch den Zaun auf den betenden Jesus anschleichenden Häschern.
Eine barocke Patrona Bavariae mit segnendem Kind und ein grimmig-schnautzbärtiger Florian vom Maier am Hof, sowie ein riesengroßer barocker St. Georg, der sich auf sein Schild stützt, schmücken diese Kirche zu Noppling. Zu den herrlichen Kirchenschätzen zählen eine spätgotische Monstranz, ein Kelch und Reliquiare.
Edermanning St. Kastulus so finden sie uns
Auf der Fahrt von Pfarrkirchen über die Hügelketten nach Simbach fällt in einer Talsenke das grazile Kirchlein auf, das aus dem satten Grün der Wiesen sein schlankes, von einer lustigen Zwiebel gekröntes Türmlein in den Himmel reckt. Es ist EDERMANNING, eine Nebenkirche der Pfarrei Reut.
Sorgfältige Restaurierung schenkte ihr die ursprüngliche Schönheit zurück. Das Geschlecht der Ederamminger hatte hier seinen kleinen Sitz und errichtete dazu eine Eigenkirche. Um 1180 wird ein „Chuonradus de Ederamminger“ als Zeuge genannt. Der Turm mit seinen romanischen Klangarkaden reicht noch in die Zeit um 1300 zurück. Die spätgotische Kirche, von grünem Rasen umgeben und von einer Ringmauer umschlossen, wurde im 15. Jahrhundert erbaut und um 1730 – 40 im frühen Rokokostil verändert.
Patron der Kirche ist der Hl. Kastulus, sein Patrozinium wird erstmals 1672 genannt. Die Verehrung dieses römischen Martyrers kann ein Hinweis sein, dass die Ederamminger Beziehungen zum Chorherrnstift Moosburg bei Freising hatten, wohin im 9. Jahrhundert die Reliquien des Heiligen kamen.
Noch zentraler als das Kastulus-Patrozinium aber ist die Verehrung des Kostbaren Blutes Christi. Das Stiftbuch von Reut 1645 nennt „die löbliche Castoli Capellen des Hl. Bluets zu Edermaning“ und der „Churbayrische Geistliche Kalender 1755“ schreibt „Edermaning beym heiligen Blut genannt“. Über den Ursprung der Verehrung des Hl. Blutes ist nichts bekannt, doch geht die „Bruderschaft zum Hl. Blut“ bis zum Jahr 1761 zurück.
Gotisch wirkt der Kirchenbau von außen, im Innern aber hat sich fröhliches Rokoko des einschiffigen Raumes bemächtigt, hat die Gewölberippen beseitigt und die Wände durch Barockpilaster gegliedert. Zart getönte Frührokokostukkaturen mit Bandl- und Gitterwerk zieren die Decke. Das Chorfresko zeigt Christus mit dem Kreuz, Blut quillt aus der Seitenwunde in ein Becken, aus dem es ein Papst und ein Kardinal auffangen, im Hintergrund ist die Traubenlese im Gange, Hinweis auf die Eucharistie. Das erste Fresko im Langhaus zeigt in prunkvoller Gewandung den römischen Kaiser Diokletian, dessen Offiziere den hl. Kastulus in eine Grube werfen. Im Hintergrund sehen wir eine furchtbare Marterszene: eine Christin wurde mit einem Stein beschwert am Rad aufgehängt und mit Krallen zerfleischt, darüber schweben Putten mit der Siegespalme. Das letzte Fresko zeigt den Apostel Bartholomäus vor einem türkisch gewandeten Potentaten, wie ihm die Haut abgezogen wird. Hauptfigur des Altares ist die Barockfigur des Schmerzenschristus mit dem Kelch von der Blutsbruderschaft. Besonders schön sind die spätbarocken Stuhlwangen, um 1730 vom Braunauer Schreiner Josef Albrecht für 141 fl. gefertigt.